Lange wurde ein neues Transsexuellengesetz gefordert, nun hat die Bundesregierung einen Entwurf vorgelegt. Doch trans*Personen sind enttäuscht und verärgert.
Geplantes Transsexuellengesetz: „Eine schwere Enttäuschung“
Schon lange wurde eine Reform des aktuellen Transsexuellengesetzes (TSG) aus dem Jahre 1981 gefordert. 2011 hat das Bundesverfassungsgericht Teile davon für verfassungswidrig erklärt. Dazu zählt etwa, dass trans* Personen sich einer Zwangsoperation unterziehen sollten, um eine Änderung ihres Geschlechtseintrags in öffentlichen Dokumenten zu erwirken.
Am Mittwoch vergangener Woche wurde nun ein neuer Gesetzesentwurf des Bundesinnenministeriums und des Bundesjustizministeriums bekannt, den BuzzFeed News veröffentlichte. Trans* Personen müssen demnach in Zukunft vor der Änderung ihres Geschlechtseintrags und ihres Vornamens nicht mehr zwei kostenpflichtige psychologische Gutachten vorlegen. Ab 2020 solle stattdessen eine „qualifizierte Beratung“ mit einer Bescheinigung ausreichen. Dennoch ist nach wie vor ein gerichtliches Verfahren vorgesehen, das Betroffene durchlaufen müssen, um ihren Geschlechtseintrag zu ändern. Dafür sollen nun auch Ehepartner*innen von verheirateten trans* Personen vor Gericht angehört werden. Wird der Antrag auf Namens– und Personenstandsänderung abgelehnt, darf erst nach drei Jahren ein neuer Antrag gestellt werden. Das stößt bei vielen Menschen auf Unmut.
Eine Petition gegen die Reform haben mehr als 18.600 Personen unterschrieben
Erst im Januar wurde das Gesetz zur dritten Option verabschiedet. Seitdem gibt es in Ausweispapieren und Geburtsurkunden die Möglichkeit, neben den Optionen „männlich“ und „weiblich“ eine weitere zu wählen, die sich „divers“ nennt – wenn auch nur nach Vorlage eines medizinischen Attests. Doch laut gesetzlichen Regelungen sollte diese Option, zusammengefasst unter Personenstandsgesetz (PStG) § 45b nur für intergeschlechtliche Menschen gelten, also für Menschen, deren körperliche Merkmale nicht eindeutig als männlich oder weiblich gelesen werden können. Nicht-binäre und trans* Menschen waren zwar offiziell von der Regelung ausgeschlossen, doch nutzten sie diese immer wieder, um nicht mit einem falsch zugewiesenen Geschlechtseintrag leben zu müssen. Die Neufassung des Transsexuellengesetzes sieht nun vor, die Regelungen für die Änderung eines Geschlechtseintrags insgesamt für trans* und intersexuelle Menschen anzugleichen und ins Bürgerliche Gesetzbuch zu überführen.
Der Blogger Linus Giese startete als Reaktion auf den Entwurf eine Petition, die bislang mehr als 18.600 Personen unterschrieben haben. Darin heißt es an die Verantwortlichen der großen Koalition: „Setzen Sie sich endlich mit uns an einen runden Tisch! Gestalten Sie endlich einen Gesetzesentwurf, der frei von Diskriminierung und Begutachtung ist!“
Wir haben Linus und fünf weitere trans* Personen nach ihrer Meinung und ihren Gefühlen zum neuen Gesetzesentwurf gefragt. Was haben sie sich von einer Reform erhofft? Und was ist das Ergebnis?
Linus Giese, Blogger und Buchhändler: „Keine Verbesserung, sondern eine schwere Enttäuschung“
Viele trans* Menschen haben lange auf eine Reform des veralteten Gesetzes gewartet. Das seit 1981 gültige Transsexuellengesetz regelt, wie trans* Menschen ihren Vornamen und ihren Geschlechtseintrag anpassen können. Es steht seit Langem in der Kritik – doch das, was uns nun überraschend schnell vorgelegt wurde, ist keine Verbesserung, sondern eine schwere Enttäuschung. Statt zwei Gutachten, soll es nur noch eine Beratung geben, aber es gibt immer noch ein Gerichtsverfahren, in diesem Gerichtsverfahren sollen nun auch die Ehepartner*innen gehört werden und wenn ein Antrag abgelehnt wird, dann dauert es drei Jahre, bis man einen neuen stellen darf. Das ist diskriminierend, pathologisierend und absolut nicht zeitgemäß. Ich wünsche mir Selbstbestimmung statt Fremdbestimmung!